Wie MILES Mobility Kunden nach Unfällen abkassiert – und wie man sich wehren kann

Die Firma MILES bietet sogenanntes Carsharing an, was nichts anderes bedeutet, als dass man ein Auto nicht für einen ganzen Tag, sondern nur für eine Fahrt mietet. Was aber tun, wenn das passiert, das nicht passieren sollte, nämlich ein Unfall? Wir erklären es im Text.

Kostenfalle Carsharing

Zunächst: Man sollte nicht mit MILES fahren. Damit unterstützt man nämlich eine Firma, die unter dem Verdacht steht, das Land Berlin bewusst um 30 Mio. Euro in Parkgebühren betrogen zu haben, indem sie Parkuhren in ihren Autos manipulierte.

Aber manchmal muss man dringend woanders hin, der ÖPNV funktioniert nicht, man hat kein eigenes Auto – also mietet man sich ein MILES. Bei dieser Nutzung kann es zu Unfällen kommen oder man fährt durch Unachtsamkeit einen Kratzer oder eine Delle ins Fahrzeug. Das wird schnell teuer, denn kleinste Schrammen können heutzutage schnell Reparaturen im mittleren vierstelligen Bereich nach sich ziehen. Und wenn man wegen eines Schadens mit MILES zu tun hatte, fragt man sich, ob das Unternehmen überhaupt Geld damit verdient, Autos zu vermieten, oder ob die Haupteinnahmequelle das quasi unangekündigte Abbuchen der Selbstbeteiligung ist.

MILES‘ fragwürdige Abbuchungspraxis

In seinen Allgemeinen Mietbedingungen macht MILES darauf aufmerksam, dass die Haftung des Kunden im Schadensfall auf eine Selbstbeteiligung beschränkt ist – das klingt erst mal gut. Denn es liest sich zunächst so, als habe der Kunde nicht zu befürchten, mit horrenden Forderungen konfrontiert zu werden. In der Praxis sieht es aber so aus, dass MILES, ohne überhaupt zu klären, wer den Schaden verursacht hat und wer haftbar zu machen wäre, die Selbstbeteiligung ohne Vorwarnung abbucht.

Im vorliegenden Fall bekamen wir um 13:17:43 Uhr eine Mail, dass die Selbstbeteiligung abgebucht wird – warum, wurde nicht begründet. Um 13:18 Uhr, also 17 Sekunden später, kam die Mail von PayPal, in der darauf hingewiesen wurde, dass MILES 1.030,- Euro abgebucht hat. Die setzen sich zusammen aus 900 Euro Selbstbeteiligung und 130 Euro Bearbeitungsgebühr.
Es gibt also keine Möglichkeit zum Widerspruch gegen die Entscheidung von MILES, die Selbstbeteiligung abzubuchen, keine Möglichkeit, das Geld zurückzuholen, da PayPal sich einen schlanken Fuß macht und sich auf den Standpunkt stellt, es handele sich beim Carsharing nicht um „Waren und Dienstleistungen“, sondern um einen Mietvertrag, der AGB unterliegt – und sie würden nicht Richter spielen wollen. Das müsste man dann also mit MILES klären.

Nach dem Unfall: Sofort handeln und Waffengleichheit herstellen

Das allererste, was man nach einem Unfall mit einem MILES machen sollte, ist natürlich, die Polizei zu rufen. Macht man das nicht, behält MILES sich vor, gegenüber dem Kunden den gesamten Unfallschaden geltend zu machen.

Das zweite, was man direkt danach machen sollte – und das ist jetzt wirklich wichtig – ist, sofort die Einzugsermächtigung für MILES zu widerrufen. Je nachdem, ob man über Apple Pay, PayPal oder Klarna bezahlt, dürfte der Ablauf hier unterschiedlich sein.
In der PayPal-App muss man auf sein Wallet, runter scrollen, auf „Einzugsermächtigungen“ klicken, dann auf MILES, wieder herunterscrollen und ganz unten findet man dann „PayPal als Zahlungsmethode entfernen“. Bei Apple Pay muss man in den App Store, oben rechts auf seinen Avatar klicken und dann auf „Abos“. Hier müsste man dann auch die Einzugsermächtigung von MILES widerrufen können.

Das hat als erstes natürlich zur Konsequenz, dass man kein MILES mehr mieten kann – aber vielleicht ist das ja auch gar nicht schlecht. Zweitens – ganz wichtig – wenn MILES eine berechtigte Forderung gegen euch hat, müsst ihr die natürlich bezahlen. Es geht hier nicht darum, die Zeche zu prellen, sondern Waffengleichheit zu schaffen. Denn hat MILES die Selbstbeteiligung erst einmal eingezogen, stellt sich das Unternehmen auf dumm, und es wird ein unfassbarer Krampf, das Geld wiederzubekommen.

Außerdem kann man vor Fahrtantritt ein sogenanntes Protection-Plus-Paket dazu buchen, mit dem man dann die Selbstbeteiligung deutlich reduziert. Es ist bezeichnend, dass es in der App keine Möglichkeit gibt, Protection Plus standardmäßig dazu zu buchen, ohne es jedes Mal neu anklicken zu müssen.

MILES‘ Zermürbungstaktik im Schadensfall

Würde man MILES Böses unterstellen wollen, müsste man sagen, dass die Art und Weise, wie ohne Klärung der Schuldfrage einfach die Selbstbeteiligung plus 130,- Euro Bearbeitungsgebühr abgebucht werden, System hat. Aber es ist sicher nur Zufall, dass das ganze Verfahren extrem verbraucherunfreundlich ist.

Denn nachdem wir unseren Unfallbericht am 20.06. abgeschickt hatten, gab es am 23.06. die oben bereits erwähnte E-Mail, dass man die Selbstbeteiligung jetzt abbuchen würde. In dieser Mail wurde, wie gesagt, nicht begründet, warum die Selbstbeteiligung abgebucht wird, sondern einfach angekündigt, dass sie abgebucht wird. Erst als wir dieser Abbuchung widersprochen haben, kam zurück: „Sie sind der alleinige Verursacher des Verkehrsunfalls“ – mit einer etwas fadenscheinigen Begründung.

MILES hatte den Unfallbericht offensichtlich nicht gelesen, denn im konkreten Fall wurde das stehende Fahrzeug während eines Wendemanövers von einem anderen Fahrzeug gerammt, das unter Missachtung der Straßenverkehrsordnung ein links abbiegendes Auto links überholen wollte. Abgesehen davon konnte MILES in den zwei Geschäftstagen, an denen der Unfallbericht vorlag (der 21. und 22.06. waren ein Wochenende), unmöglich Kontakt zur Versicherung der Gegenseite aufgenommen haben.

Das Problem ist, dass sich MILES hier dazu aufschwingt, neutral beurteilen zu wollen, wer Schuld an einem Verkehrsunfall hat – aber eben nicht neutral ist, sondern eine Partei im Streit. Denn statt den Kunden zu unterstützen und einen Schaden über die Versicherung des Verursachers zu regulieren, geht MILES den Weg des geringsten Widerstands und bucht sich das Geld einfach dort ab, wo es eine Einzugsermächtigung hat.
Auf meinen ausführlichen Widerspruch wurde dann – trotz Fristsetzung – drei Wochen lang nicht geantwortet. Den Widerspruch hat MILES gar nicht gelesen. Der Sachbearbeiter tischte jetzt eine neue Begründung auf, warum wir Schuld hätten – die direkt der ersten Begründung von MILES widerspricht. Es wird behauptet, die Telemetriedaten des Fahrzeugs würden den Unfallbericht widerlegen – dabei belegen sie die Darstellung.

MILES versucht, Kunden an der langen Hand verhungern zu lassen – und kommt damit oft genug wahrscheinlich durch. Wer hat die Zeit und Energie, gegen ein solches System, das kackendreist agiert und sich bewusst dumm stellt, vorzugehen?

Eine Möglichkeit, seinen Widerspruch zu strukturieren, ist, sich von MILES die Telemetriedaten zur Fahrt geben zu lassen – diese müssen sie nach Art. 15 DSGVO herausgeben. In unserem Fall ist das natürlich nicht vollständig geschehen, also dreht das Ganze die nächste Runde und wird wahrscheinlich in einem Verfahren vor Gericht enden. Denn – ganz offen – man darf solche räuberischen Geschäftsmodelle von Unternehmen, die sich aufführen wie ein adoleszenter Schulhofschläger, nicht dadurch legitimieren, dass man sich gegen dieses offensichtliche Fehlverhalten nicht zur Wehr setzt.

Was ihr tun könnt

Wie gesagt – was ihr machen könnt, ist ganz einfach: Nach dem Unfall die Einzugsermächtigung rausnehmen, sonst lauft ihr eurem Geld für immer hinterher.

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